Zur „Großen“ Novelle des Apothekengesetzes
Es steht eine „Große“ Apothekengesetz-Novelle bevor, die das Apothekenrecht grundlegend modernisieren und die Funktion der ApothekerInnen im Gesundheitssystem stärken soll. Der entsprechende Entwurf des Gesetzes ist letzten Freitagabend in die Begutachtung gegangen und soll noch Anfang 2024 in Kraft treten.
Wir geben Ihnen einen Überblick über die wesentlichen Änderungen samt unserer Stellungnahme zum Entwurf.
1. Änderung der Öffnungszeiten
Aufgrund des Gesetzesentwurfes werden die Öffnungszeiten der Apotheken flexibilisiert und können freiwillig festgelegt werden. Die Kernöffnungszeiten jeder Apotheke müssen mindestens 36 Stunden betragen und können bei einzelnen Apotheken individuell auf bis zu 72 Stunden erweitert werden. Dabei steht werktags der Zeitraum 06:00 Uhr bis 21:00 Uhr und samstags zwischen 06:00 Uhr und 18:00 Uhr zur Verfügung.
Wichtig zu betonen ist, dass die Novelle bereits seit 2018(!) im Ministerium liegt. Wir wurden damals von der Politik aufgefordert, die Medikamentenversorgung am Land zu verbessern, andernfalls hätte man die Hausapotheken gestärkt.
Deshalb erfolgte der gemeinsame Beschluss im Kammervorstand, die Öffnungszeiten zu flexibilisieren. Die Entlohnung zu den ausgedehnten Arbeitszeiten für ApothekerInnen gestaltet sich folgendermaßen:
- werktags von 06:00 Uhr bis 07:30 Uhr und 19:00 Uhr bis 20:00 Uhr Lagezuschlag von 50%
- ab 20:00 Uhr Zuschlag von 100%
- am Samstag ab 12:00 Uhr Zuschlag von 75%
Aus Sicht des VAAÖ muss sichergestellt sein, dass erweiterte Öffnungszeiten nicht zu Lasten angestellter ApothekerInnen gehen dürfen und ausreichend bezahlt werden müssen!
Nichts ändern wird diese Bestimmung für die pauschale Entlohnung bei Bereitschaftsdiensten (z. B. dem Nachtdienst mit derzeit € 219,10 inkl. Zuschlag unabhängig von der Anzahl der Stunden). Inanspruchnahmegebühren werden weiterhin nur beim Bereitschaftsdienst anfallen, somit außerhalb der Öffnungszeiten der Apotheke.
2. Medikationsanalyse
Wir freuen uns sehr, dass es uns gelungen ist, die Funktion der ApothekerInnen im Gesundheitsberuf zu stärken: Der Gesetzesentwurf führt bei den Tätigkeitsbereichen von ApothekerInnen nun erstmals explizit die Medikationsanalyse an. Außerdem dürfen ApothekerInnen aufgrund des Entwurfes einfache Gesundheitstests einschließlich der Blutabnahme aus der Kapillare sowie Nasen- und Rachenabstriche durchführen und auswerten. Das führt nicht nur zu einer Stärkung des Tätigkeitsfeldes im Vergleich zu anderen Berufsgruppen, sondern müssen diese zusätzlichen Leistungen auch adäquat bezahlt werden. Wir setzen uns dafür ein, dass Sie für weitere Tätigkeitsbereiche auch zusätzlich entlohnt werden.
3. Filialapotheken
Eine Neuerung bringt der Gesetzesentwurf auch für Filialapotheken. Für eine Apotheke darf der Betrieb von höchstens drei (anstatt früher einer) Filialapotheken bewilligt werden, wodurch eine flächendeckende Versorgung gewährleistet sein soll.
Wir haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass es keine Filialapotheken ohne verantwortliche/n ApothekerIn gibt. Es ist nämlich für jede einzelne Filialapotheke – somit auch für die erste – ein/e verantwortliche/r ApothekerIn zu bestellen.
Der Kollektivvertrag sieht – noch – keine Entlohnung für den/die „verantwortliche/n ApothekerIn“ einer Filialapotheke vor. Wir fordern, dass der/die hierfür bestellte ApothekerIn seiner/ihrer Verantwortung entsprechend gerecht entlohnt wird! Da angestellte ApothekerInnen die umfassende Verantwortung einer Filialapotheke tragen, sollen sie dafür auch entlohnt werden!
4. Dislozierte Abgabenstellen
Der Entwurf der Gesetzesnovelle sieht vor, dass öffentliche Apotheken in ihrem Versorgungsgebiet die Bewilligung für sogenannte „dislozierte Abgabenstellen“ erteilt werden kann. Voraussetzung ist, dass es in dieser Ortschaft keine öffentliche Apotheke, Filialapotheke oder ärztliche Hausapotheke gibt. Dies soll gerade in ländlichen Gebieten zu einer verbesserten flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung führen. Details zu Ausgestaltung (räumliche und personelle Einrichtung), Abgabezeiten etc. sind durch eine eigene Verordnung des Gesundheitsministers auszuführen.
Ebenfalls wichtig für uns zu betonen ist, dass die neue Richtlinie zur Verpflichtenden Fortbildung nicht im Zusammenhang steht mit der Novelle des Apothekengesetzes. Bei der Richtlinie über die Verpflichtende Fortbildung handelt es sich um einen internen Beschluss der Österreichischen Apothekerkammer, der zu keiner Gesetzesänderung führt. Die beschlossene Richtlinie präzisiert nur die bereits bestehende gesetzliche Bestimmung, dass ApothekerInnen verpflichtet sind sich fortzubilden.
Natürlich halten wir sie über alle Neuigkeiten auf dem Laufenden und werden uns auch weiterhin bestmöglich für die Anliegen der angestellten Apothekerinnen und Apotheker einsetzen.
Das Präsidium des VAAÖ
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