Wer haftet für den Impfstoff?
Die Verteilung des sehr anspruchsvollen Corona-Impfstoffs an die Arztpraxen erfolgt über die Apothekenbetriebe. Wer haftet für Schäden durch unsachgemäße Handhabung?
Die Covid-19-Impfung fand bisher hauptsächlich in Impfzentren statt, nun sollen vermehrt auch die niedergelassenen Ärzte und die Apotheken in den Impfplan eingebunden werden. Der Impfstoff für die Impfungen, derzeit von Pfizer/BioNtech und Astra Zeneca, kommt von den Apotheken.
Die Impfstoffe müssen gekühlt transportiert und gelagert werden und teilweise wegen der Erschütterungsanfälligkeit binnen eines bestimmten, kurzen Zeitraums beim Arzt in der Ordination eintreffen. Für diese logistische Herausforderung gibt es genaue Anweisungen zum Umgang mit den heiklen Produkten, die von allen Beteiligten strikt einzuhalten sind.
Damit stellt sich aber auch gleich die Frage, was passiert, wenn die vorgesehenen Abläufe nicht eingehalten wurden und einzelte Vials bzw. Dosen unbrauchbar werden?
Juristisch ist nach dem Schadenersatzrecht vorzugehen: Wer ein fehlerhaftes und vorwerfbares Verhalten gesetzt hat, das zum Schadenseintritt geführt hat, muss für den Schaden aufkommen.
● Wurde eine Impfstoffcharge beispielsweise so verspätet in die Apotheke gebracht, dass sie nicht mehr in der vorgesehenen Zeit zum Arzt gebracht werden kann, kann der Schaden nicht der Apotheke zugerechnet werden, sondern allenfalls dem Großhändler, der für die Anlieferung in die Apotheke zuständig ist.
Verhält sich ein Dienstnehmer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit fehlerhaft, hat das zweierlei Folgen: einerseits kann das Fehlverhalten dem Betrieb, für den der Dienstnehmer tätig war, zugeordnet und somit für Schadenersatzforderungen herangezogen werden. Andererseits können Forderungen sich auch direkt gegen den Dienstnehmer richten, der allerdings nicht nach den allgemeinen Schadenersatzregeln haftet, sondern gemäß dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz.
● Im obigen Beispiel wäre das der Fall, wenn der Fahrer zu lange für die Fahrt gebraucht hat.
Das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz sieht nun vor, dass ein Dienstnehmer nur dann den vollen Ersatz zu leisten hat, wenn er den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat. Wenn er hingegen aufgrund einer entschuldbaren Fehlleistung einen Schaden verursacht, muss er nichts bezahlen.
● Der Angestellte hat sich absichtlich viel Zeit gelassen, um den Impfstoff unbrauchbar zu machen – er haftet voll. War der Angestellte zwar sehr sorgfältig, ist aber dennoch viel zu spät in der Apotheke eingetroffen, haftet er nicht.
Im Dienstnehmerhaftpflichtgesetz gibt es allerdings keine pauschalen Schadenersatzraten – es muss jedes Mal der Einzelfall betrachtet und insbesondere auch die Umstände berücksichtigt werden, die zum Fehlverhalten geführt haben. So passieren auch sorgfältigen Menschen in stressigen Situationen eher Fehler als sonst, wenn sie sich für ihre Handlungen Zeit nehmen können.
In der Praxis wird der Schaden von den jeweiligen Versicherungen bezahlt, die sich aber gegebenenfalls beim Dienstnehmer, der sich fehlerhaft verhalten hat, regressieren können – auch beim Regress kommt das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz mit seinen Sonderregelungen zur Anwendung.
Für alle Mitglieder des VAAÖ haben wir eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen, die für letzten Endes verbleibende Forderungen einspringt.
► Sollte Ihnen ein Fehler unterlaufen, fassen Sie den Sachverhalt umgehend zusammen und schicken ihn für den Fall, dass Sie belangt werden, als Schadensmeldung an den VAAÖ.
Mag.iur. Ursula Thalmann
Leiterin der Rechtsabteilung
Mag.pharm. Stefanie Lair
Landesgruppenobfrau Tirol
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